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Bin ich schon gut genug um einen Platzreifekurs zu machen?


Von Michel Monnard

Der Platzreifekurs ist ein “Spielen-Lernen-Golfkurs” – nicht ein “Schlagen-Lernen-Kurs”.

In einem Platzreifekurs muss ein Neugolfer schon Bälle zw. 80-100 m schlagen können. Dies nicht von der Matte oder vom Tee, sondern vom Gras. Gemäss unserer Erfahrung ist vom Gras-Schlagen ein separater Lernmoment.

Wenn es also darum geht, sich selber einzuschätzen zu können, dann kann man eigentlich einfach über die folgenden Inhalte gehen und für sich selber schauen, ob man dieses Wissen / Fähigkeiten hat. Merkt ein Neugolfer, dass er von einem oder mehreren dieser Bereiche keine Ahnung hat und noch nie darin unterrichtet wurde, dann ist es besser, einen Einsteigerkurs zu belegen, anstatt einen Platzreifekurs.

Die Tiefe des Wissens dieser Bereiche ist NICHT: “ja er hat mal was von einem Sandwich erzählt oder ich habe mal Minigolf gespielt.”

Wir teilen die Golffähigkeiten in verschiedene Bereich auf, durch welche ein Golfer vom Golflehrer geführt wird.

Hier also die Unterrichtsinhalte, durch die ein Neugolfer zu einem Platzreife-Golfer wird. Dabei werden wir im Platzreife Golfkurs speziell die Punkte 4, 5, 6 und 7 lernen. 1, 2 und 3 sind Bestandteil des Einsteigerkurses.

 

1. Versch. Golfschläger und anderes Material kennen
Ein Golfer muss wissen, welche Schläger wozu im Bag sind, er muss die Unterschiede der Schläger kennen, er muss wissen, welche anderen Materialien wir benötigen (Pitchgabel, Tee, Ballmarker, Scorekarte, Trolley, Buggy etc.)

2. Golfregeln und Handicap-System (PR, 1. Handicap) kennen und anwenden können
Ein Golfer muss in die Golfregeln eingewiesen worden sein, entweder durch einen Onlinekurs oder durch Unterricht von einem Golflehrer oder in einem Golf-Regelkurs. Dies dauert im allgemeinen ca. 6-8 Zeitstunden. Der Golfer muss online Regelquize selber durchgearbeitet haben und in der Fehlermenge zufriedenstellende Resultate haben.
Das Handicap-System, dessen Anwendung sowie zukünftige Verbesserungen des Handicaps kennen ist ein Muss.

3. Schlagarten kennen und an jeder Schlagart geübt zu haben, bis es funktioniert hat
Ich “kann” putten, chippen, pitchen, Eisen vom Grass schlagen, Hölzer vom Tee spielen, Sandspiel, Schläge aus verschiedenen Grashöhen

4. Den Golfplatz kennen und sich darauf bewegen zu können
Alleine dieser Bereich dauert mehrere Tage, bis ein Neugolfer weiss, wo das Golfbag hin muss, wann er wo wohin mit welchem Schläger schlagen muss. Wie ein Golfloch planen, in welchen Situationen wie spielen. Wie mit versch. Grashöhen, Schräglagen umzugehen ist. Wie aus den vorhandenen Fähigkeiten das beste Resultat herausgeholt werden kann. Ich denke, ein Neugolfer muss mind. 3-4 mal halbe Runden gespielt haben, bis er “Routine” entstehen sieht.

5. Spielgeschwindigkeit einhalten können
Ein Golfer muss wissen, wie er die Spielgeschwindigkeit der anderen Golfer einhalten kann. Er muss die Erfahrung gemacht haben, was passiert wenn er unter Zeitdruck spielen muss. Er muss wissen, wie er damit umgeht wenn er alleine spielt und genauso wenn er in einer 4-er Gruppe mitten im Verkehr spielt. Er muss wissen, wie er seine eigene Spielgeschwindigkeit der Situation anpassen kann.

6. Sich selber und einen Mitspieler während der Runde zählen zu können
Hört sich nach keinem Problem an, in Tat und Wahrheit ist es genau das Gegenteil. 3-4 Schläge zählen ist kein Problem, aber 8 – 9 oder 10 Schläge für sich und für einen Mitspieler zählen und gleichzeitig noch zu spielen IST EIN PROBLEM für einen Neugolfer.

7. Mit mentalen Problemen die das Golfspiel mit sich bringt, umgehen können
Der Golfplatz ist kein ruhiger Spaziergang, es wird ziemlich oft etwas schief laufen, ein Fehler passiert. Was macht das mental, wie gehe ich damit um?

8. Eigentraining mind. 15 – 20 Zeitstunden selbständig an den Schlagtypen trainiert zu haben
Die versch. Schlagtypen wie Putten, Chippen, Pitchen, Sandschlag, Hybride & Fairwayhölzer, Driver sind unterschiedliche Bewegungs-Elemente. Jeder Schlag ist anders. Was muss ich, wie korrigiere ich mich selber… wir denken, dass ein normal durchschnittlich begabter Neugolfer – neben den 10-15 Unterrichtsstunden – selbständig ca. 15-20 Stunden an den Schlagtypen trainiert haben muss.

9. Resultate auf des Spiels auf dem Golfplatz
Golf kann ohne zählen gespielt werden, ob 4, 5 oder 6 Schläge, wen interessierts. Stimmt. Leider ist dies erst zulässig, wenn jemand die Einstiegshürde geschafft hat. Diese Einstiegshürde ist länderabhängig. Ein Deutscher muss ein Spielresultat von ca. 3 Schlägen über Par pro Loch spielen. Die Schweizer haben tiefere Anforderungen, aber eine deutsche Platzreife ist mehr “Wert” als eine Schweizer PR – weil die Anforderungen anders sind. Bitte erkundigen Sie sich, was Ihre PR für einen Wert hat und wo Sie danach spielen dürfen. P.S. wer nicht weiss was Par ist…. 😉 hat hiermit ein weiteres Indiz für den Vorbereitungsstatus.

Die Ausgangslage ist also folgende: die nationalen Golfverbände (der DGV – Deutscher Golfverband, die ASG – der Schweizerische Golfverband etc) müssen versuchen, die Neugolfer so an den Sport heranzuführen, dass diese auf dem Golfplatz die notwendigen Fähigkeiten, das Wissen und die physische Stärke haben, mit anderen Golfern in der vorgeschriebenen Zeit über 9 oder 18 Loch zu kommen.

Die harte Wahrheit: Deswegen macht es keinen Sinn, Neugolfer mit einem Wochenend-Kurs zu zertifizieren. Die Golflehrer haben gar nicht die Zeit, den Neugolfern die Fähigkeiten beizubringen, um die von den Verbänden vorgeschriebenen Bereiche abzudecken. Schon gar nicht in 6-8er Gruppen.

Ein Golflehrer hat IMMER die Absicht, den Golfer so schnell wie möglich voranzubringen. Leider stossen wir in unserer täglichen Arbeit nicht immer auf Athleten aus ähnlichen Sportarten (Tennis, Squasch, Badminton, Hockey, Unihockey, Baseball), sondern häufig auf Menschen, die keine Schlägersportarten ausgeführt haben.

Jetzt schauen wir auf den obengenannten Inhaltskatalog und fragen uns, wie lange dauert es, bis ein Neugolfer diesen Katalog durchgearbeitet hat. Und nach über 27 Jahren Golfunterricht kann ich gut und gerne sagen, dass ich bei ungefähr 3-5 % der Neugolfer damit in einer Woche durchkomme. Dies, weil der schwierigste Bereich, der Bereich 3 (Schlagarten kennen, können und geübt zu haben), in sehr schneller und unkomplizierter Art abläuft. Meistens deswegen, weil diese Menschen in vielen Fällen kompetitive Sportler aus anderen verwandten Sportarten sind.

Diese 3-5% werden während der Woche sicherlich nicht nur während der 3 Stunden im Golfkurs üben, sondern sie sind ausserhalb des Kurses mind. 2-3 weitere Stunden täglich damit beschäftigt, an den Inhalten zu arbeiten.

Also, es ist viel Stoff, deswegen tendiere ich dazu, Neugolfer erst in aller Ruhe in den Sport einzuführen, anstatt gleich am ersten Tag mit Vollgas arbeiten zu müssen und kaum Wiederholungen machen zu können. Denn wenn ein Schlagtyp nicht gleich funktioniert und wir länger brauchen, fehlt uns die Zeit.

Der Stress, der durch ungenügende Vorbereitung gekoppelt mit dem Wochenziel Platzreife entsteht, ist nicht für jedermann/jederfrau angenehm. Um Neugolfer in den Sport einzuführen, macht es Sinn, den ganzen Lernprozess ohne Druck durchführen zu können. Golf macht Spass, 100%. Es ist der beste Sport den ich kenne. Um diesen Spass entstehen lassen zu können, würde ich gerne ohne Zeitdruck mit meinen Golfern arbeiten können.

Wenn ein Neugolfer richtig vorbereitet ist, gebe ich Vollgas um ihn durch die Bedingungen der nationalen Verbände durchzubringen.

 

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